Link-Einträge mit dem Tag „Urbanes Leben“

Frank Red

Es stinkt bestialisch in der Toilette der Bahnhofskneipe und das Licht ist gedämpft. Man fragt sich unweigerlich, wann hier das letzte Mal eine Putzfrau ihre Arbeit verrichtet hat. Drei Männer stehen in Reih und Glied vor der Pissrinne, halten ihren Penis in der Hand und stützen sich mit der anderen an der gekachelten Wand vor ihnen ab. Der Urin der Männer spritzt platschend gegen die Fliesen und saust dann zügig die selbigen herab, bis er schlussendlich in der abschüssig angelegten Rinne landet und von dort in den Abfluss fließt. Einer von ihnen ist Frank, der sich mit den anderen beiden zwielichtigen Gestalten, seit geschlagenen fünf Stunden in dieser miesen Kaschemme aufhält, Karten kloppt und sich dabei volllaufen lässt.


Frank lässt sich Zeit beim Pinkeln. Er will unbedingt der letzte sein, der seinen Schwanz zurück in die Unterhose schiebt und sich dann die Pfoten mit dem eisigen Wasser aus dem Hahn im Vorraum wäscht. Er hat vor, sich in einer der Kabinen einzuschließen, ohne das einer der anderen Kerle etwas davon mitbekommt. Als Peter und Hans endlich gemeinsam feixend den Kloraum verlassen, weiß Frank, dass sein Plan aufgegangen ist und verschwindet schnell in einer der engen Kabinen...


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Bald ist die Woche schon wieder vorbei und das Wochenende steht direkt vor der hölzernen, vom Portas-Mann aufgemöbelten, Haustür. Die Frau hat daheim, in der überheizten, warmen Kaschemme nicht nur gestrickt und gehäkelt, sondern auch einen Einkaufszettel geschrieben. Das macht sie immer am Freitagabend der Vorwoche und hat dabei nicht nur die einzelnen Tage, und die Gerichte, die an diesen gekocht werden sollen im Blick, sondern auch das Budget, das ihr vom angetrauten Göttergatten dafür zur Verfügung gestellt wird. Penibel und hoch konzentriert reiht sie zuerst, um den Überblick zu behalten, alle Wochentage der kommenden Woche in Spalten und ordnet die Gerichte in den darunter liegenden Zeilen an. Hat sie diese Aufgabe zu ihrer eigenen Zufriedenheit erledigt, kann sie auch schon mit der eigentlichen Liste, der am Samstag zu besorgenden Utensilien und Fressalien, beginnen.


Wie immer wird die Liste lang und die Dame des Hauses braucht einige Zeit dafür. Zwischendurch schiebt sie ihre Lesebrille immer mal wieder auf die Stirn, um keine der Handlungen der Silhouette des Bergdoktors, die über die riesige, an der Wand montierte Mattscheibe flimmert zu verpassen und stopft sich dabei einen Schoko-Brownie in den Mund. Gerne wäre sie auch mit so einen tollen, charmanten und erfolgreichen Mann verheiratet, der ihr die Welt zu Füßen legen würde. Doch ein Blick auf die Couch gegenüber, wo ihr eigener Mann gerade eben, nach dem dritten Bier im Sitzen eingeschlafen ist, holt sie abrupt auf den Boden der Tatsachen zurück. Ein bisschen angeekelt stellt sie dabei fest, dass ein dünner Speichelfaden im Winkel, seines mit Oberlippenbart verzierten, Mundes hängt und dieser nun geräuschlos auf die aus Polyesterfasern bestehende, moosgrüne Strickjacke tropft...



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Spielplatzgeschichte

Der Junge ist vierzehn und das Mädchen dreizehn. Für beide ist heute ein ganz besonderer Tag. Sie habe sich verabredet, auf dem Schulhof, im Beisein ihrer grinsenden Schulkameraden. Die beiden haben ein Date ausgemacht und es ist ihnen egal, was die anderen darüber denken. Beide sind sich bewusst darüber, dass sie langsam aber sicher erwachsen werden – sie spüren es ohne Umstände in ihrem Innersten – und wollen sich dementsprechend selbstbewusst, gegenüber den Kids verhalten.

Ausgemacht wurde, dass sich beide in der hiesigen Billard-Kneipe treffen und ganz ungezwungen eine Partie spielen. Dass der Wirt der eher schäbigen Kaschemme nicht so sehr auf das Alter seiner Gäste achtet, ist allseits bekannt.


Beide erreichen wenige Minuten nach 17 Uhr, wie verabredet, die Pinte, lächeln sich kurz verlegen an und durchschreiten sodann die schwere, hölzerne Tür. Das Bernie schon fast eine Stunde hier in der Gegend umherstreicht und immer wieder die Tür der Kneipe, aus sicherer Entfernung, in Augenschein genommen hat, wird sein Geheimnis bleiben. Zielgerichtet durchqueren die beiden Teenager den düsteren Raum, nicken kurz dem Wirt, der sich hinter dem Tresen verschanzt hat, zu und erreichen ihr angesteuertes Ziel, den Billardtisch, zügig. Der Tisch ist frei und die gesamte Kneipe noch leer. Erst vor ein paar Minuten hat der Laden aufgemacht und der Kneipier wird sich noch ein wenig gedulden müssen, bis die wenigen Stammkunden seines Etablissements den Schankraum bevölkern. Er hat also Zeit, für die beiden Turteltauben, die sich am Billardtisch ihrer Jacken entledigen und sich anschicken eine Mark in das Gerät zu schmeißen...


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Neulich war es laut. Neulich war es blutig. Neulich war ich auf Hundertachtzig. Alkohol macht frei, macht enthemmt und macht unbedeutend. Eine mickrige, armselige Figur, die den Mund aufreißt und mit Schimpfwörtern um sich schmeißt. Alles gequirlte Kacke. Für einen nüchternen Menschen nicht zu begreifen und kaum zu ertragen. Ein Treffen mit alten Freunden. Alles Familienväter, die von ihren Frauen Ausgang bekommen haben. Das Bier fließt in Strömen. Fußball läuft. Dortmund gewinnt. Hier ein Schnaps da ein Bier. Herrengedeck. Alle sind redselig, ja freizügig in ihren Äußerungen. Gespräche über Familie und Beruf. Schimpfen über die Firma und Kritik am Handeln der Frau.


Immer wieder herausgehen zum Rauchen. Draußen mit anderen Rauchern über das Spiel diskutieren. Zu viele Chancen vergeben, trotzdem gewonnen. Die Meisterschaft ist noch weit weg, aber immer möglich. Kneipe wechseln. Durch die nächtliche Stadt irren und im schummrigen Licht am Baum urinieren. Die anderen sind schon weit voraus. Keiner wartet. Schnell pinkeln und laufen um die anderen nicht aus dem Blick zu verlieren. Ein paar Tropfen des warmen Urins landen in der Unterhose...


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Arsch auf Kunststoff

Am liebsten würde ich einfach sitzen. Sitzen, auf dem Plastikstuhl, der seine besten Zeiten längst hinter sich hat. Sitzen, bis der fette Arsch, auf dem rissigen Kunststoff blutig wird und die Augen müde werden, von den massenhaft anwesenden Vögeln, auf der Wiese, mit Würmern im Schnabel. Scheißen tun die Viecher auch ständig. Trotzdem. Der Anblick von kackenden Amseln, die mit ihren spitzen Schnäbeln, Würmer aus der feuchten Erde ziehen und dabei groteske Geräusche machen, ist immer noch besser als die Wohnung zu verlassen.

Auf dem heimischen Balkon, mit einer Kippe im Mundwinkel, ist die Welt noch in Ordnung. Hier brauche ich mit niemandem zu reden, brauche nicht, wie sonst immer, so zu tun als ginge es mir gut. Kein aufgesetztes Lächeln, kein Small Talk und keine sinnlosen Befehle. Hier kann ich, ungestraft, ärgerlich gucken, mich gehen lassen und dabei über die böse Welt, die da vor mir liegt, sinnieren...


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Reichlich arm

Du hast gut lachen in deinen schicken Stiefeln. Dir geht es gut in deinen warmen, noblen Klamotten. Doch setz dich mal zu uns. Hier unten auf den ausgetretenen Stufen aus Beton. Spüre, wie die Kälte langsam in deinen Körper kriecht und von ihm Besitz ergreift. Richte den Blick aufwärts und schaue in die Gesichter, die dich verächtlich anstarren. Halte den Pappbecher hoch, damit ein paar Cent hineingesteckt werden können, von den Wenigen, die Mitleid haben.


Setz dich zu uns, aber nicht ohne vorher deine Klamotten gegen welche aus der Bahnhofsmission zu tauschen. Überwinde deinen Ekel und hilf uns bei der Suche nach essbarem in den Mülltonnen hinter dem Supermarkt. Fingere auch jede Pfandflasche aus dem Unrat, von uns aus, mit spitzen Fingern. Sprich fremde Leute im Bahnhof an und frage sie nach Geld für eine Fahrkarte. Lass dich vertreiben von den Männern in Uniform, von deiner warmen Bank in der U-Bahnstation.


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Parkplatz-Rodeo

Endlich hat die Glocke geklingelt und die Schicht ist vorbei. Bei uns in der Firma gibt es tatsächlich noch ein akustisches Signal, das das Ende der einen Schicht und den Start der nachfolgenden signalisiert. Das Ganze erinnert mich irgendwie immer an den Zweiten Weltkrieg. Keine Ahnung wieso das so ist. Ich denke nur immer das die Arbeiter, damals bei Krupp oder Thyssen auch so ein Signal zu hören bekamen, wenn sie für diesen einen Tag genug Bomben produziert hatten. Hat aber sicherlich noch was länger gedauert, bis der so befreiende Ton, seinerzeit ertönte.


Wie dem auch sei. Ich habe Feierabend und nicht nur das, sondern Wochenende. Genial. Heute Abend erwarte ich ein paar Freunde in meiner kleinen Butze. Wir haben uns vorgenommen ein paar Pizzen, erst in den Ofen und dann in unsere Münder zu schieben, ein paar Jägermeister in den Schlund zu kippen und das Ganze mit diversen Bieren herunterzuspülen und dabei zu pokern. Doch wie es der Teufel will, ist nicht nur das Gefrierfach meines Kühlschranks zur Gänze geleert, sondern auch Bier und Schnaps sind nicht im Haus. Was für eine Tragödie...


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Der Agenturkunde

Auch ich gehöre zu der Truppe, die beim Arbeitsamt diverse Formulare ausgefüllt hat, damit die Versicherung, für die man jahrelang eingezahlt hat, auch greift. Agentur für Arbeit schimpft sich die Behörde heute, wurde ich belehrt als ich das erste Mal durch die Drehtüren ging, die Heiligen Hallen betrat und mich nach endloser Wartezeit, in einer Schlange, die der im Freizeitpark vor der beliebtesten Achterbahn glich, vor einer Dame wiederfand, die sich mit ihrer Arbeit bei der Agentur mehr als identifizierte.


Ich hatte erst vor ein paar Stunden die Kündigung von meinem Chef, der mich nie so richtig lieben lernen konnte, in die Hand gedrückt bekommen und von der Personalchefin für den Rest des Tages freibekommen, damit ich mich persönlich beim Arbeitsamt, arbeitssuchend melden konnte. Wie nett von der Dame mit dem Pferdearsch, den ich immer wieder bestaunte, wenn sie wieder einmal mit enormem Tempo an meiner Schreibtisch-Bucht vorbeisauste und meinen immer höher werdenden Stapel an Arbeit bedenklich zum Wanken brachte. Im Übrigen benutze auch sie, als eine Frau die es besser wissen müsste, den anscheinend falschen Terminus technicus: Arbeitsamt...


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Fett und feist ist der Mann aus dem Ruhrpott geworden. Noch mehr Gewicht auf den Hüften als damals. Auch als Teenager war er schon übergewichtig. Nun ist er dazu auch noch alt geworden. Macht die Sache nicht besser, wie er findet. Falsches Essen und dazu die leckeren Bierchen, jeden Tag. Auch Falten hat er im Gesicht bekommen und dunkle Ringe unter den Augen. Macht nicht mehr viel her, der Mann Anfang vierzig. Ist immer alleine geblieben. Hat nie eine Frau gefunden, aber auch nicht wirklich danach gesucht. Nun ist der Zug abgefahren, denkt er und setzt widerwillig und ein wenig melancholisch, den Flaschenhals an die Lippen und nippt an seinem ersten Bier heute.


Damals, als junger Mann ging das alles. Da war er noch nicht ausgeschlossen. Zu jener Zeit war er Teil einer großen Clique, wie man damals sagte, und ging jedes Wochenende mit den Jungs in den Club, oder in die Kneipe und feierte. Doch irgendetwas hatten seine Kumpels anders gemacht. Sie hatten dann und wann mal ein Date und sich dann für kurze Zeit abgesondert von der Truppe, um mit der holden Weiblichkeit in Kontakt zu kommen. Mal ein One-Night-Stand und mal etwas Längeres...


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Sei kein Frosch und öffne die Tür. Lass es einfach geschehen, greife zum Griff und ziehe kräftig daran. Mit einem leisen Zischen öffnet sich die Tür, vorerst einen kleinen Spalt. Gase entweichen und bringen dich um den Verstand. Der Gestank ist schon jetzt ekelerregend und aufdringlich. Wie am Faden gezogen, greift deine rechte Hand zum Revers deines Pullovers und zieht ihn hoch, bis über deine roten Lippen und deine wohlgeformte Stupsnase, auf die du so stolz bist.


Nur deine obere Gesichtspartie, mit den großen, braunen wachsamen Augen ist noch zu sehen. Sie verfolgen deine Hand, wie sie ihre Aufgabe weiter verrichtet und die Tür zur Gänze öffnet. Automatisch erwacht die kleine Lampe, im Inneren des Schrankes, zum Leben und beleuchtet den farbenfrohen Inhalt. Deine Augen huschen über blau-grünliche Schimmelsporen, gräulich-schwarze Stücke die mal Schnitzel oder Steaks waren und weißen Schimmelpilz im Marmeladenglas, der den Deckel aufdrücken möchte...


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